Freitag, 29. November 2013

Stimmzwang in Schaffhausen - Busse soll neu 6 Fr. sein

Ob das wohl bei der Budget-Aufbesserung des Kantons Schaffhausen helfen wird? Künftig sollen nämlich bei einer verpassten Stimmabgabe statt früher 3 Franken neu ganze 6 Franken fällig werden. Somit will der Regierungsrat die Busse bei versäumten Abstimmungen und Wahlen auf einen Schlag verdoppeln.

Abstimmungszwang: 6 Fr. soll eine versäumte Abstimmung resp. Wahl den Bürger neu kosten

Die Busse in der Höhe von 3 Franken wurde zwar schon seit 40 Jahren nicht mehr angehoben (der Betrag gilt also bereits seit 1973), aber Schaffhausen ist auch der einzige Kanton in der ganzen Schweiz, der überhaupt einen Stimmzwang kennt. Dieser gilt bereits seit 1892 und überlebte mehrere Abschaffungsversuche, 1982 etwa eine Volksinitiative "zur Aufhebung des Stimmzwangs" mit beachtlichen 18'849 Nein-Stimmen gegen 10'758 Ja-Stimmen. Sicher nicht zuletzt durch den Wahlzwang ist die Wahlbeteiligung nirgends in der Schweiz so hoch wie im Kanton Schaffhausen. Hier gehen regelmässig 60% und mehr der Stimm- und Wahlberechtigten an die Urne. Um die Personen ausfindig zu machen, welche trotz Stimmpflicht nicht abstimmen gegangen sind, wird jeweils ein enormer Aufwand betrieben. Alle abgegebenen Stimmausweise müssen eingelesen werden, um herauszufinden, welche Personen nicht abgestimmt haben. Dazu gibt es einen interessanten Beitrag von 10vor10 auf SF1 vom 3. Oktober 2011:



Damals wie heute beträgt die Busse für versäumte Abstimmungen und Wahlen für die Wahlberechtigten pro Urnengang 3 Franken. Die Busse soll nun auf 6 Franken verdoppelt werden. Diese Erhöhung wurde von FDP-Kantonsrat Thomas Hauser mit einer Motion gefordert und eine entsprechende Vorlage wurde verabschiedet.

  RA lic. iur. Beat Hochheuser
Der Schaffhauser Rechtsanwalt Beat Hochheuser beleuchtet für uns die Rechtslage:

Die Grundlagen zur Abstimmungspflicht und zur Wahlpflicht sind bereits in der Schaffhauser Kantonsverfassung verankert. So lautet der
Artikel 23 der Kantonsverfassung:

Art. 23 Abs. 1 KV: "Stimm- und wahlberechtigt in Kantons- und Gemeindeangelegenheiten sind alle im Kanton Schaffhausen wohnhaften mündigen Schweizerinnen und Schweizer."

Art. 23 Abs. 2 KV: "Das Stimm- und Wahlrecht verpflichtet, an Abstimmungen und Wahlen teilzunehmen."

Das Wahlrecht beinhaltet also im Kanton Schaffhausen gleichzeitig auch eine Wahlpflicht.

Die Grundsätze von demokratischen Wahlen bestehen darin, dass das Wahlrecht frei, geheim, gleich und direkt ausgeübt werden kann.

In der Schweizer Bundesverfassung, welche der Schaffhauser Kantonsverfassung übergeordnet ist, findet sich in Art. 34 Abs. 2 BV folgender Grundsatz: "Die Garantie der politischen Rechte schützt die freie Willensbildung und die unverfälschte Stimmabgabe".

Nun könnte es ja sein, dass ein Wahlberechtigter bei einer Wahl mit allen Kandidaten nicht einverstanden ist und deshalb keinen von ihnen wählt. Dies ist in Schaffhausen aber trotz Wahlpflicht gleichwohl möglich, da man den Wahlschein auch leer einreichen kann und somit keine Busse bezahlen muss. Das "freie Wahlrecht" ist deshalb trotz des Wahlzwangs nicht ausgehebelt.

Genauere Ausführungen zur Stimmpflicht finden sich dann im Wahlgesetz des Kantons Schaffhausen. Im der Kantonsverfassung sind nur die Grundzüge geregelt.

Art. 9 Wahlgesetz:
"Die Teilnahme an den eidgenössischen, kantonalen und Gemeindeabstimmungen und Wahlen sowie an den Versammlungen der Einwohnergemeinde ist bis zum 65. Altersjahr obligatorisch. Wer diese Pflicht ohne Entschuldigung versäumt, hat drei Franken zu bezahlen".

Ab 65 Jahren muss man also nicht mehr Wählen und Abstimmen gehen und wird trotzdem nicht gebüsst. Vorher hat man immerhin noch die Möglichkeit, der Bussenpflicht durch eine Entschuldigung zu entgehen. Wie der Schaffhauser Stadtschreiber Christian Schneider oben im Video erklärt, wird der Wahrheitsgehalt der angegebenen Entschuldigungen nicht überprüft. Entschuldigungen sind unter Angabe der Gründe spätestens am dritten Tage nach dem Urnengang anzubringen (Art. 10 Abs. 2 Wahlgesetz). Als Gründe führt das Wahlgesetz in Art. 10 Abs. 1 namentlich auf: Militär- und Zivilschutzdienst, berufliche oder familiäre Verpflichtungen, Krankheit, schwere Krankheit naher Angehöriger, tiefe Trauer während acht Tagen und auch schlicht und einfach: Ferienabwesenheit! :-)

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