Montag, 10. April 2017

Schaffhausen: The Baseballs im Interview - "Wir würden gerne einmal mit Elvis abhängen."

Die Berliner Band "The Baseballs" war am vergangenen Samstagabend in Schaffhausen. Die drei Herren mit den Elvis-Frisuren sind derzeit auf Europatournee. Frontmann Sam und die Sänger Basti sowie Digger hatten vor ihrem Auftritt in der ausverkauften Kammgarn kurz Zeit für ein Interview. Wir sprachen mit ihnen über Musik, ihr Erfolgsrezept und natürlich über Elvis Presley. Das Interview wurde von Hermann-Luc Hardmeier geführt.

Bild: The Baseballs auf der Bühne in Schaffhausen. (Foto: Phillip Schmanau, Interview: Hermann-Luc Hardmeier)

Hermann-Luc Hardmeier: Hand aufs Herz - Wie lange braucht ihr am Morgen vor dem Spiegel für die perfekte Elvis-Locke?

Sam: Wir sind mittlerweile geübt und jeder hat seine eigene Taktik. Föhn, Haarspray und Gel heissen die Zauberworte. In 10 bis 15 Minuten ist alles fertig. Aber man findet immer ein Strähnchen, das nicht sitzt. Es kann auch mal eine halbe Stunde gehen. 

Hermann-Luc Hardmeier: Was verbindet ihr mit Schaffhausen?

Digger: Wir verbinden damit immer nur Positives, wir waren ja am Sommer schon am Stars in Town und sind generell sehr gerne in der Schweiz. Wir haben uns beim Essen noch unterhalten und gewundert, warum wir im schönen Club „Kammgarn" noch nie gewesen sind. Die Voraussetzungen für eine coole und entspannte Show heute Abend sind auf jeden Fall gegeben.

Hermann-Luc Hardmeier: Euer Markenzeichen ist der Rock’n’Roll und optisch die Nähe zu Elvis. Ist das echt oder ein Marketinggag?

Digger: Wir sind dem Style von damals verfallen und haben uns in Berlin anhand der Frisuren erkannt und gefunden. Wir hatten auch vor den Baseballs alle in Bands gespielt, die etwas mit der Zeit von damals zu tun hatten. Ich hatte vorher eine Bluesband. Sam spielte Elvis-Coversongs. Viele Leute stellen sich das wie so eine Wissenschaft vor, dass man im stillen Kämmerchen brütet, welche Marketingstrategie man fahren könnte, um Erfolg zu haben. Wir sind Elvis-Fans der ersten Stunde.

Hermann-Luc Hardmeier: Vor euch gab es ja bereits den Musiker Sascha, der als Dick Brave die Hitparade mit neu aufgenommenen Rock’n’Roll-Songs stürmte und den Stil von damals kopierte. War er ein Vorbild?

Digger: Klar. Das kann man auch nicht verschweigen. Wir fanden seine Musik eine tolle Sache und dachten, das Einzige, was ihm fehlte, war dieser Doo-Wop-Style aus den Sixties. Die Vocal-Arrangements mit Backings und Pi-Pa-Po. Das haben wir dann ausprobiert, haben gejammt und mit Fail und Trial etwas Eigenes kreiert. Erfreulicherweise konnten wir die Leute auf uns aufmerksam machen. Wir haben ironischerweise auch die neuen Medien extrem gut nutzen können und sind zu 95% für unseren Durchbruch selber verantwortlich. Das ist etwas, was man gerne vergisst, wenn man über uns berichtet. Wir sind nicht mit unserer Idee zu einer Plattenfirma gegangen und haben gesagt: Da sind wir, bringt uns mal gross raus.

Sam: Es war tatsächlich extrem viel Herzblut dabei. Wir wollten der Jugend diese Musik wieder näherbringen.

Hermann-Luc Hardmeier: Hat euch der Erfolg in dem Fall überrascht?

Sam: Ja, total. Die Leute haben sich europaweit vom Rock’n’Roll-Virus infizieren lassen. In den Charts von heutzutage, da ist ja nicht mehr viel Handgemachtes dabei und es ist schön zu sehen, dass die Radiostationen über ihren Tellerrand hinausgeschaut haben und uns spielten.  Etwas, was ehrlich und echt klingt.

Basti: Als wir uns 2007 vor 10 Jahren gründeten, haben wir niemals landesweit geschweige denn europaweit gedacht. Wir wären schon zufrieden gewesen, wenn wir nicht immer in den klassischen Rock’n’Roll-Clubs gespielt hätten. Wir haben dann 2009 den Umbrella-Song aufgegriffen, weil der einfach auf der Hand lag als weltweite Nummer 1. Er eignete sich einfach perfekt dazu, um ihn als Rock’n’Roll-Version zu spielen.  Das war der erste Song überhaupt, den wir probiert hatten und wir hatten Timing-mässig einfach ein riesiges Glück gehabt. Dass das dann so einschlägt, damit war nicht zu rechnen. Das kann man nicht planen.

Hermann-Luc Hardmeier: Der Song eignete sich perfekt. Was muss denn ein Song haben, damit ihr ihn mit dem Baseball-Twist verseht und ihn in euer Repertoire aufnehmt?

Basti: Wir probieren einfach alles aus. Der erste Antrieb ist natürlich, dass man Songs nimmt, die Erfolg haben und die Leute kennen. Derzeit schiessen überall die 90er-Jahre Partys wie Pilze aus dem Boden. Alle Leute hören Britney Spears und Everybody auf den Partys. Wir wollten auf dieser Welle mitreiten und die Energie jener Zeit mit dem Rock'n'Roll kombinieren. Deshalb haben wir für unser aktuelles Album „Hit me Baby..“ die 90er-Jahre-Songs ausgewählt, um sie zu „verrock’n’rollisieren“. Dann geht’s in den Proberaum und wir schauen, was geht und was nicht. Manchmal tüfteln wir auch lange an einem Lied und lassen es wieder fallen, wenn das gewisse Etwas fehlt. Es gibt nicht ein Grundgeheimnis für die Baseballs-Meganummer.

Hermann-Luc Hardmeier: Habt ihr es in dem Fall nie bereut, dass ihr euch auf „nur“ eine Musikrichtung spezialisiert habt?

Digger: Rock’n’Roll ist sehr vielseitig. Insofern haben wir nicht ein Problem, dass wir eingeschränkt sind. Wir lieben diesen Sound und stehen dazu. Man würde ja jetzt auch nicht Metallica fragen, ob sie HipHop machen wollen. Wir können uns schon ausleben und fühlten uns nie limitiert.

Basti: Wir sind seit Kindesbeinen Rock’n’Rollfans. Das kannst du gar nicht wegbringen.

Sam: Wir versuchen ja aus den unterschiedlichsten Sparten Songs zu nehmen und in Rock’n’Roll umzuwandeln. Von da her sind wir relativ vielseitig. Wir haben beispielsweise „Candy Shop“ von 50 Cent genommen. Da hätte wohl auch nie jemand gedacht, dass das funktionieren kann. Wir haben es geschafft und solche Dinge sind die grossen Herausforderungen für uns.

Hermann-Luc Hardmeier: Elvis ist euer Vorbild. Wenn es irgendwann via Zeitreise möglich wäre, ihn zu besuchen. Was würdet ihr ihn fragen?

Sam: Ich weiss gar nicht, ob ich ihn etwas fragen würde…
Basti: Du kennst seinen Lebenslauf eh auswendig.

Sam: Genau, ich würde ihn fragen, ob er Fragen hat. Wie die Zukunft so ist. (lacht).
Aber schlussendlich würde ich einfach gerne mit ihm abhängen, mit ihm jammen und mit ihm sein Erdnuss-Butter-Bananen-Sandwich essen. Das wäre mein Traum.

Hermann-Luc Hardmeier: Elvis war ja auch ein riesiger Frauenheld. Wie sieht das bei euch aus?

Digger: Wir haben uns kennen gelernt, als wir uns alle auf der Bühne schon ein wenig die Hörner abgestossen hatten. Wir alle haben das früher genossen, dass man auf der Bühne einen gewissen Status hat. Ich würde sagen, dass wir mittlerweile ein sehr erwachsenes Leben auf der Bühne führen. Klar gibt es einmal hier ein Flirt und da ein Flirt aber wir sind nicht auf der Bühne, um uns ein Mädel für die nächste Nacht zu suchen. Das schaffen wir auch rein körperlich gar nicht mehr.  (lacht)

Sam: Das ganze 50er-Jahre-Image, da spielt man natürlich ein wenig damit. Die Mädels im Publikum mit den Petticoats wissen, wie das damals bei Elvis war. Wenn man auf die Knie fällt, dann kreischen sie.  Auch wenn sie es selber nicht sehr erregend finden.

Digger: Vielleicht rufen sie auch nur einen Krankenwagen und wir missinterpretieren diese Rufe.

Hermann-Luc Hardmeier: Letzte Frage: Wie muss die Show heute sein, damit ihr zufrieden seid?

Sam: So lange wir ins Publikum schauen und lachende Gesichter sehen, sind wir glücklich. Da kannst du gar nicht anders, als zu feiern. Es ist ein Geben und Nehmen. Je mehr die Leute mitgeben, desto mehr fordern sie uns heraus mehr zu geben und wir freuen uns, wenn alle mit uns eine grosse Party feiern.

Digger: Wir messen den Erfolg der Show mehr an der Reaktion des Publikums als an unseren eigenen Leistungen. Das trägt uns seit 10 Jahren und wir denken, das merken die Zuschauer.
Von Hermann-Luc Hardmeier.